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Familienbeihilfe

Indexierung der Familienbeihilfe: Die Politik muss dem Recht folgen, nicht umgekehrt

Wir NEOS, viele Expert_innen und die EU-Kommission selbst haben es prophezeit, nun ist es passiert: Wegen der europarechtswidrigen Indexierung der Familienbeihilfe wurde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Am 24. Oktober 2018 haben ÖVP und FPÖ die Indexierung der Familienbeihilfe im Parlament beschlossen und damit bewusst ein Vertragsverletzungsverfahren in Kauf genommen, das am 24. Jänner 2019 schlussendlich auch eröffnet wurde. Dies gab die Sozialkommissarin Marianne Thyssen in einer Pressekonferenz bekannt, 12 Tage nachdem ich selbst eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht habe. Wenn die Bundesregierung sehenden Auges EU-Recht bricht, können wir NEOS nicht tatenlos zusehen.

Auf das Aufforderungsschreiben der EU-Kommission kann Österreich nun binnen zwei Monaten antworten. Nach einem weiteren Mahnschreiben kann die Kommission dann vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Strafzahlungen in Millionenhöhe könnten die Folge sein, und bezahlen dürfen das die österreichischen Steuerzahler_innen.

Warum ist die Indexierung europarechtswidrig?

Künftig wird die Familienbeihilfe für Arbeitnehmer_innen aus der EU an das Preisniveau jenes Landes angepasst, in dem ihr Kind lebt. Seit 1. Jänner 2019 bekommt also ein Kind, das zum Beispiel in Bulgarien lebt, dessen Mutter oder Vater aber in Österreich arbeitet, weniger Familienbeihilfe, weil die Lebenshaltungskosten für ein Kind in Bulgarien niedriger sind, als in Österreich – zumindest ist das die Argumentation der Bundesregierung. Dass für die bulgarischen Eltern allerdings Kinderbetreuungskosten anfallen, die sie sonst vielleicht nicht zu bezahlen hätten, beziehen ÖVP und FPÖ nicht in ihre Überlegungen mit ein.

Diese Indexierung der Familienbeihilfe bricht das Europarecht unserer Auffassung nach in zwei Punkten:

Zum einen widerspricht sie dem europäischen Primärrecht, in dem die Arbeitnehmerfreizügigkeit geregelt ist. Dort ist unter anderem klar festgehalten, dass sämtliche offenen und versteckten Diskriminierungen von Arbeitnehmer_innen aus anderen Mitgliedsstaaten verboten sind.

Zum anderen verletzt die Indexierung europäisches Sekundärrecht, denn dort heißt es wortwörtlich in Artikel 67:
„Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.“

NEOS bleiben hartnäckig

Wir NEOS verschließen uns nicht grundsätzlich einer Diskussion darüber, wie man die soziale Säule der EU leben und gestalten sollte. Ein Vertragsbruch kann aber sicher nicht der richtige Weg sein. Die Bundesregierung handelt erneut kurzsichtig und beweist ein weiteres Mal, dass ihre angeblich pro-europäische Haltung nur ein Lippenbekenntnis ist.
Wir NEOS appellieren daher an ÖVP und FPÖ, endlich umzudenken, und einen größeren Schaden für die Steuerzahler_innen und Österreichs Ansehen zu verhindern.

Die Regierung muss sich endlich für eine vernünftige und gemeinsame Lösung auf europäischer Ebene einsetzen und darf sich nicht in populistischen Alleingängen verlieren. Nach jüngsten Aussagen von Familienministerin Juliane Bogner-Strauß, die nach wie vor an der Indexierung festhält, bleibt es aber zu befürchten, dass ÖVP und FPÖ weiterhin auf Stur schalten.

Die Glaubwürdigkeit unseres Landes und der Respekt vor der Rechtsstaatlichkeit müssen mehr wert sein als der nächste Marketing-Schmäh der Regierung. Für uns NEOS heißt es deswegen: Dran bleiben.