Der streng geheime 31-Millionen-Euro-Auftrag an Airbus
Bei unseren intensiven Recherchen zum Eurofighter-Untersuchungsausschuss sind mein Team und ich Mittwochabend auf zwei hochspannende und brisante Dokumente gestoßen. Im Supplement zum Amtsblatt der EU entdeckten wir diese beiden Bekanntmachungen:
https://ted.europa.eu/TED/notice/udl?uri=TED:NOTICE:518364-2017:TEXT:DE:HTML&src=0&tabId=0
und
https://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:518367-2017:TEXT:DE:HTML&src=0
Wir wurden stutzig, sehr stutzig. Österreich hatte Ende 2017 für die Flugpolizei vier zweimotorige Helikopter um 24,4 Millionen Euro und zwei einmotorige Hubschrauber um 6,6 Millionen Euro gekauft? Das war uns neu. Und nicht nur uns: In den Zeitungsarchiven der vergangenen Jahre fanden wir zu diesem Beschaffungsvorgang – genau nichts. Null.
Heimlich, still und leise hatte Wolfgang Sobotka in seinen allerletzten Tagen als Innenminister am 5. Dezember 2017 also sechs Polizeihubschrauber im Gesamtwert von 31 Millionen Euro bestellt. Ohne Ausschreibung. Absolut freihändig. Und – als wäre das nicht schon skandalös genug – ratet mal, von wem er die Hubschrauber gekauft hat?
Von Airbus!
Genau der Firma Airbus, mit der die Republik Österreich hochoffiziell seit ihrer Anzeige im Februar 2017 einen veritablen Rechtsstreit hat und im Clinch liegt.
Und heute sitzt Herr Sobotka dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss als Vorsitzender vor und hört sich seelenruhig an, wie wir mit aller Kraft versuchen, mögliche Schmiergeldzahlungen von Eurofighter/Airbus an österreichische Entscheidungsträger aufzudecken.
Wie wir uns den Kopf darüber zerbrechen, ob man nach dem ganzen Eurofighter-Skandal mit einer Firma wie Airbus noch Geschäfte machen kann bzw. ob und wie man Airbus künftig bei Ausschreibungen ausschließen könnte.
Und er sagt die ganze Zeit kein Wort davon, dass die Republik Österreich in Wahrheit nie damit aufgehört hat, mit Airbus Geschäfte zu machen!
Entsprechend groß war meine Verärgerung über Präsident Sobotka. Entsprechend groß waren gestern auch die medialen Reaktionen auf unsere Enthüllung.
Und Sobotka? Er nahm die Aufregung gelassen. Die Klage der (damals rot-schwarzen) Bundesregierung gegen Airbus sei bei der Hubschrauber-Typenwahl kein Thema gewesen. Der Kauf der sechs Airbus-Hubschrauber habe allen Kriterien entsprochen, die Finanzprokuratur habe den Beschaffungsvorgang genehmigt. Alles in allem sei es eine transparente und fachliche Entscheidung gewesen.
Fachlich? Was ist daran fachlich oder logisch nachvollziehbar, wenn die Republik Österreich in Gestalt des Innenministers Millionengeschäfte mit einem Konzern abschließt, wenige Monate, nachdem die Republik Österreich denselben Konzern wegen Betrugsverdachts angezeigt hat? Nur weil die Polizei auch schon davor Airbus-Hubschrauber hatte, bedeutet das ja nicht, dass man sich nicht zumindest nach Alternativen umschauen hätte können, vielleicht bei verlässlicheren Geschäftspartnern.
Und transparent? Was, bitte schön, war hier transparent?? Die Regierung hat die fortlaufende Geschäftsbeziehung zu Airbus einfach verschwiegen. Sie hat den Kauf der Hubschrauber verschwiegen. Sie hat die bereits angelaufene Lieferung der Hubschrauber verschwiegen. Normalerweise posieren die “Sicherheitsparteien” ÖVP und FPÖ mit jedem neuen Polizeihelm und mit jedem Polizeipony – und die Foto-Option mit sechs neuen Polizei-Hubschraubern sollen die Message-Control-Spezialisten jetzt einfach vergessen haben? Sehr unglaubwürdig bei einer Regierung, die sonst nur auf Inszenierung statt Inhalt setzt.
Mein Verdacht: Die Regierung weiß längst, dass es die Paketlösung Eurofighter UND Airbus-Hubschrauber für das Bundesheer wird (siehe hier).
Weil aber Airbus/Eurofighter in der Bevölkerung ein Reizwort ist, geben sich Verteidigungsminister Kunasek und die Regierungsspitze in Sachen Bundesheer und Luftraumüberwachung offiziell abwartend – zumindest bis nach der EU-Wahl. Und hätten bis dahin auch die Airbus-Geschäfte des Innenministeriums lieber unter Verschluss gehalten.
Fast wäre es Sobotka und seinen Regierungsfreunden auch gelungen.