Seit einigen Monaten tauchen vermehrt Fälle von selbstständig Erwerbstätigen auf, die zu Nachzahlungen ihres Kinderbetreuungsgeldes aufgefordert werden, weil sie die entsprechenden Zuverdienstgrenzen überschritten hätten. Die Folgen für Jungfamilien sind teils gravierend. Möglich ist dies mitunter, weil an Kinderbetreuungsgeldbezieher_innen keine Informationsschreiben mehr versendet wurden.
Nach einer Reihe von Medienberichten im vergangenen Jahr ging nun aus einer Anfragebeantwortung hervor: Im Jahr 2018 waren 8.383 selbstständige Eltern von Rückzahlungen des Kinderbetreuungsgeldes betroffen, deren Summe um ein Fünftel auf 20,7 Millionen Euro gestiegen ist.
Die Rückzahlungen des Kinderbetreuungsgeldes, mit denen sich betroffene Eltern in den letzten Monaten konfrontiert sahen, betrugen also im Durchschnitt mehrere tausend Euro. Vor allem für selbstständige Mütter ist das problematisch, denn insbesondere für diese Gruppe ist es bereits schwierig genug, Kind und Unternehmen unter einen Hut zu bringen. Dann noch Jahre nach einer Karenz mit teils sehr hohen Rückforderungen konfrontiert zu werden, ist unzumutbar.
Reform des Kinderbetreuungsgeldes: Neue Regeln für Eltern
Schuld an dieser Situation ist eine Reform des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld für Selbstständige im Jahr 2011 und damit einhergehende Änderungen in der Versendung von Informationsmaterial. Seit dieser Reform gelten für Versicherte bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) neue Regeln, wenn diese während der Zeit eines Kinderbetreuungsgeldbezugs zusätzliche Einkünfte hatten. Sie müssen seither nachweisen, welche Einkünfte während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld erwirtschaftet wurden, und welche außerhalb dieses Zeitraums.
Wird nicht das ganze Jahr Kinderbetreuungsgeld bezogen, müssen der SVA die während des Anspruchszeitraumes erwirtschafteten Einkünfte über eine sogenannte „Abgrenzung“ nachgewiesen werden. Diese Abgrenzung kann bis zwei Jahre nach dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld vorgenommen werden. Passiert dies nicht rechtzeitig, werden alle Einkünfte des gesamten Jahres zur Berechnung des Zuverdienstes herangezogen – auch jene, die vor oder nach dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld eingenommen wurden. Der berechnete Zuverdienst ist daher also häufig viel höher als die tatsächlichen Einnahmen. Rückzahlungen des Kinderbetreuungsgeldes sind die Folge.
SVA und Familienministerium erschweren es jungen Eltern, sich selbstständig zu machen
Mit Unterstützung seitens der SVA oder des Familienministeriums können die Betroffenen offenbar nicht rechnen. Denn die SVA informiert ihre Versicherten nicht mehr gesondert darüber, dass die Abgrenzung vorgenommen werden muss. Grund dafür ist laut einem Bericht in “Der Standard”, “dass das Familienministerium die SVA vor einigen Jahren angewiesen hatte, keine Erinnerungsschreiben mehr zu verschicken, die bis dahin üblich waren, um Rückzahlungen zu vermeiden”. Eine Möglichkeit zum Nachreichen von geforderten Unterlagen gibt es nicht.
Erreichen tut man damit vor allem eins: Man dämpft den Unternehmergeist und erschwert es insbesondere jungen Frauen, in die Selbstständigkeit zu gehen.
Statt jungen Unternehmer_innen noch zusätzlich Steine in den Weg zu legen, sollte die so „unternehmerfreundliche“ Bundesregierung aber eigentlich Maßnahmen ergreifen, um es ihnen zu erleichtern, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Die Realität schaut leider anders aus.
Was schlagen wir NEOS nun also vor, um selbstständige Eltern zu entlasten? Am einfachsten wären natürlich Informationsschreiben, um die, die eine Abgrenzung vornehmen müssen, rechtzeitig darauf hinzuweisen. Es gibt zwar seit 2017 Informationsschreiben, diese helfen jenen, die jetzt betroffen sind, aber leider nicht mehr. Dass das Ausschicken von Erinnerungen und Informationen an Betroffene als “Serviceleistung” der SVA begriffen wird, die diese offensichtlich nicht im Sinne ihrer Kund_innen erfüllt, ist ein weiterer Beweis dafür, wie wenig serviceorientiert und wettbewerbsfähig das System der österreichischen Sozialversicherung ist.
NEOS brachten Antrag ein
Für die betroffenen Selbstständigen muss es dringend ermöglicht werden, erforderliche Unterlagen nachzureichen. Diese liegen häufig sowieso vollständig bei einem Steuerberater und müssten einfach nur mehr übermittelt werden.
Wir NEOS haben hier bereits – nach einer unergiebigen Anfrage an die Familienministerin – einen entsprechenden Antrag im Plenum eingebracht. Auf die Debatte im Familienausschuss bin ich bereits sehr gespannt.