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Eurofighter U-Ausschuss: Woche 4

Zwei Kanzler, ein Redhaus und zwei Verschwiegene

Der Eurofighter U-Ausschuss hatte vergangene Woche mit der Befragung zweier Ex-Kanzler einen Zwischen-Höhepunkt: Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel machte den Anfang, Alfred Gusenbauer folgte. Die beiden weiteren Ausschusstage waren von weniger prominenten, aber nicht minder interessanten Namen geprägt und konnten gegensätzlicher nicht sein: während der Mittwoch unter dem Motto „Gschichteln drucken“ zu stehen schien und die Befragung daher fast sechs Stunden in Anspruch nahm, waren die Auskunftspersonen am Donnerstag so wortkarg, dass die Befragungen nicht länger als jeweils zwei Stunden dauerten.

 

Dienstag, 20. Juni 2017 – Tag 6

Geladene Auskunftspersonen

  • Wolfgang SCHÜSSEL, Ex-Bundeskanzler (2000 – 2007)
  • Alfred GUSENBAUER, Ex-Bundeskanzler (2007 – 2008)

Die Ladung von Ex-Bundeskanzler Dr. Wolfgang SCHÜSSEL (ÖVP) als Auskunftsperson in den Eurofighter U-Ausschuss ist erst nachträglich erfolgt. Im Zuge der Recherchen ist ein Dokument der Staatsanwaltschaft München aufgetaucht, das Schüssel als den mysteriösen „Dr. W. Lüssel“ identifiziert. Dieses Pseudonym wurde in Aufzeichnungen des Waffenlobbyisten Alfred Plattner verwendet. Befragt dazu, bestreitet Schüssel, jener „Dr. W. Lüssel“ zu sein. Auch die Befragung zu den Koalitionsverhandlungen war nicht ergiebiger. Der Verdacht, dass Schüssel den Ankauf der Eurofighter bei den Koalitionsverhandlungen 2006/07 mit der SPÖ zur Bedingung gemacht hatte, ließ sich nicht erhärten.

Die Befragung von Ex-Kanzler Dr. Alfred GUSENBAUER (SPÖ) am Nachmittag war auch nicht aufschlussreicher und brachte keine neuen Erkenntnisse. Er verteidigte seinen damaligen Verteidigungsminister Norbert DARABOS und den von ihm ausgehandelten Vergleich, als „das zweitbeste erzielbare Ergebnis, nachdem das beste – nämlich ein Rücktritt vom Vertrag – nicht zur Verfügung stand, da zum damaligen Zeitpunkt Korruption nicht nachgewiesen werden konnte“.

 

Mittwoch, 21. Juni 2017 – Tag 7

Geladene Auskunftsperson

  • -Ing. Dr. Georg SCHMIDT, ehemaliger Fliegeroffizier und Unternehmer

Offiziell lieferte SCHMIDT der EADS Software im Wert von 1,36 Millionen Euro. EADS-intern wurde er als „Mittelsmann zu Schwarz“ gehandelt und war begeisterter Verfechter der Eurofighter. Insbesondere ein stiller Gesellschafter mit wechselnden Sitzen in Hongkong und Singapur, der sich mit acht Millionen Euro an Schmidts Software-Firma beteiligte, wofür dieser einem Unternehmen, das in Zusammenhang mit der Verteilung von EADS‑Schmiergeldern behördlich bekannt ist, 300.000 Euro Provision überwies, erweckte mein Interesse. Aber so gesprächig sich SCHMIDT sonst zeigte, hier wollte er sich plötzlich an nichts mehr erinnern. Weder daran, welches fernöstliche Unternehmen acht Millionen Euro in seine kleine Wiener IT-Firma investieren wollte, noch dessen Unternehmensgegenstand, noch an irgendwelche Namen oder andere Details in Zusammenhang damit. Diese Antworten machten mich als Unternehmer so grantig, dass sich sogar Gabriele Tamandl (Fraktionsführerin ÖVP) nach der Befragung erstaunt zeigte: „Wenn du mal lauter wirst als ich, das heißt was!“

 

Donnerstag, 22. Juni 2017 – Tag 8

Geladene Auskunftsperson

  • Edwin WALL, Verhandler des ursprünglichen Eurofighter-Kaufvertrags im Verteidigungsministerium
  • Leopold SPECHT, Anwalt

Mag. Edwin WALL war Verhandler des ursprünglichen Eurofighter Kaufvertrags, der 2003 unterzeichnet wurde. In den Vergleich war er nicht eingebunden, wofür er im U‑Ausschuss kein Verständnis zeigte. Dass er der Meinung war, er wäre als Auskunftsperson in diesen U Ausschuss gänzlich ungerechtfertigt geladen, ließ er deutlich heraushängen und brachte ihm bereits nach 10 Minuten Befragung einen Ordnungsruf des Vorsitzenden Karlheinz Kopf (ÖVP) ein. Den ursprünglichen Vertrag bezeichnete er als „state of the art“, den von Darabos 2007 geschlossenen Vergleich kritisierte er hart.

War WALL am Vormittag schon einsilbig, so war Dr. Leopold SPECHT noch die Steigerungsstufe dazu. Specht ist Anwalt und hat Gusenbauer als Privatperson anwaltlich beraten. Als solcher habe er seinem Klienten Gusenbauer Prof. Kozial empfohlen, als Experten, der für die Prüfung des Eurofighter Vertrags in Frage käme. Er habe jedoch nie einen Beratungsvertrag mit Gusenbauer, der damaligen Regierung oder der SPÖ gehabt. Jegliche Einflussnahme auf die Vergleichsverhandlungen durch Gusenbauer auf Darabos über ihn stritt er ab.