In Linz müsste man sein…
Das dachte sich nicht nur Helmut Qualtinger. Nach einem sonnigen Wochenende verschlug es uns in die leider verregnete oberösterreichische Landeshauptstadt. Mit Schirm, Charme und Regenjacken wagten wir uns dennoch auf die Landstraße und verteilten Einladungen für unsere Abendveranstaltung und führten mit Passantinnen und Passanten anregende Diskussionen. Das Wetter war also kein schlechtes Omen ;) .
Direkt im Anschluss an dieses nasse Erlebnis trafen wir Christoph Fraundorfer. Gründer des Startups „My Esel“. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner entwickelt er in seinem Unternehmen individuelle, persönlich zugeschnittene Fahrräder, die – ergonomisch optimiert – vom Kunden selbst gestaltet werden können. Die Drahtesel, die in der Linzer Werkstatt zusammengebaut werden, bestehen nicht wie üblich nur aus Aluminium oder Carbon, sondern auch aus Kunststoff oder Holz. Bereits Anfang 2016 sollen die Fahrräder in die Serienproduktion gehen. Was auf den ersten Blick wie ein absolutes Designerstück aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als vielschichtiges, wohlüberlegtes und massentaugliches Konzept, das den Zeitgeist nicht besser treffen könnte. Außerdem ist die Produktion von Holzrahmen ist besonders ökologisch, wenn man die vergleichsweise CO2-arme Herstellung und das Recycling-Potenzial betrachtet. Ein junges, innovatives Team mit viel Power und grandiosen Ideen! Inhaltlich sprachen wir auch über die Steine die einem bei der Unternehmensgründung in den Weg gelegt werden. Wir besprechen uns mit unserem Startup-Experten Niko Alm und bleiben dran :)
Am Abend hielten wir unseren Workshop an einem ganz besonderen Ort: der Oberösterreicher NEOSphäre. Mit gut 15 Leuten und Vertretern einiger Bürgerinitiativen ging es heute vor allem um eines: Verkehrspolitik.
Ein Vertreter der Initiative gegen den Westring sprach mit uns über das geplante Autobahnbauprojekt „Westring“. Dabei soll eine völlig neue, vierspurige Autobahn durch Linz gebaut werden. Sieben Spuren soll dieses überbreite Brücken- Projekt umfassen welche zum Großteil im Linzer Stadtgebiet liegen würden. Die Folgen wären eine erhebliche Zunahme des Verkehrs, die damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen sowie Beeinträchtigungen durch Lärm- und Luftverschmutzung. Linz gilt zudem bereits jetzt nach Immissionsgesetz Luft als Luftsanierungsgebiet und verträgt keine zusätzlichen gesundheitsgefährdenden Schadstoffemittenten. Sowohl bei lungendurchgängigen und somit extrem gesundheitsgefährdendem (krebserregendem) Feinstaub als auch bei Stickoxiden werden schon jetzt häufig die Grenzwerte überschritten. Die LinzerInnen würden durch den Bau dieser Autobahn daher in ihrem Leben und ihrer Gesundheit gefährdet. Auch die zu erwartende zusätzliche Lärmbelastung bedeutet eine erhebliche Belastung der betroffenen Menschen.
Übrigens übt auch der Rechnungshof starke Kritik an diesem Projekt. Im Oktober 2012 legte der Bundesrechnungshof dem Nationalrat den Berichtsbeitrag zum Linzer Westring vor. Der Bundesrechnungshof übt dabei scharfe Kritik an den Planungen. Der Bericht bestätigt alle von Westring-Gegner_innen seit Jahren vorgebrachten Argumente.
Ärgerlich ist hierbei vor allem wieder das „Im-Stichlassen“ der Bürger_innen, welche laut UVP Gesetz und der in Österreich leider noch nicht umgesetzten AARHUS Konvention das Recht auf Beteiligung hätten. Wir werden uns hier mit unserer Fachreferentin für Mobilität und Infrastruktur zusammensetzen und gemeinsam mit der bestehenden Initiative auch eine parlamentarische Bürgerinitiative ins Leben rufen. Auch das NEOS Team Oberösterreich unterstützt diese Forderung seit langem. Gemeinsam werden wir hier ordentlich für Wirbel sorgen!
Weiters diskutierten wir mit Erhard Kargl (Obmann der Initiative „Rettet die Eisenbahnbrücke“) über die Erhaltung und Pflege historischer Baulichkeiten und historischer Einrichtungen in Linz – im Besonderen der Eisenbahnbrücke. Diese Brücke ist nämlich ein Wahrzeichen von Linz, prägt das Stadtbild wie kaum ein anderes Bauwerk und ist ein herausragendes Beispiel eines Industriebauwerkes in Österreich. Ein spannendes Thema, welches jedoch in seiner Behandlung nicht in Bundeskompetenz liegt, weshalb ich die Forderung nicht im Rahmen einer Bürgerinitiative unterstützen kann aber weiterhin mit dem Herrn in Kontakt bleiben werde.
Ein weiterer Teilnehmer unserer heutigen Veranstaltung war Herr Mag. Prieler von der Oberösterreichischen Rad-Lobby; ein gemeinnütziger, überparteilicher Verein welcher für die Förderung des umweltfreundlichen Verkehrsmittels Fahrrad im Alltag arbeitet. Hierbei sprachen wir vor allem über die Erhöhung des Radverkehrsanteiles und damit Förderung eines nachhaltigen, umweltorientierten Verkehrssystems, mehr Sicherheit im Straßenverkehr und eine konsequente Berücksichtigung des Radverkehrs bei Straßenbau, Verkehrsorganisation und Gesetzgebung.
Gerade in Linz – die Stadt mit den verhältnismäßig meisten Pendlern, welche zum Großteil mit dem Auto anreisen – ist das ein wichtiges Thema. Die Innenstadt versinkt wortwörtlich im Stau – das durften wir selbst während unserer OÖ-Tour auch mehrmals erleben.
Als Lösung bzw. Lösungsansatz konnten wir eine verstärke Bürger_innenbeteiligung festmachen. Wir sprachen dabei etwa über die Möglichkeit der Einrichtung eines Bürger_innenhaushaltes, welcher mit Budgethoheit z.B. in Basen und Guntramsdorf auf Aufforderung der NEOS hin bereits existiert. Ein weiteres Projekt von welchem ich in diesem Zusammenhang noch erzählte ist „Next Wien“ – ein Bürger_innenpartizipationsprojekt von NEOS nach dem Vorbild von „Next Hamburg“.
Bürger_innenbeteiligung ist also gefragt – auf allen Ebenen! Ein Umstand der mich persönlich sehr freut und welchen ich auch den anderen Parlamentarier_innen klar machen werde!