Das große Schweigen im Eurofighter-U-Ausschuss

Tag 5 im Eurofighter-Untersuchungsausschuss hat sich gestern sehr zäh gestaltet. Als erste Auskunftsperson war der pensionierte Wirtschaftstreuhänder Johann Smolka geladen – der Liquidator der für die Eurofighter-Gegengeschäfte zuständigen EBD, aber auch Finanzreferent und Steuerberater von Rapid Wien und Steuerberater des abtrünnig gewordenen Rüstungslobbyisten Walter Schön. Wir hätten sehr viele Fragen an ihn gehabt. So hätten wir beispielsweise irrsinnig gerne von ihm gewusst, warum EADS vier Millionen Euro Sponsorgeld an Rapid gezahlt hat, für ein Sponsoring, das unsichtbar geblieben ist und von dem offenbar auch offiziell niemand weiß. Doch Herr Smolka hat behauptet, er habe nicht gewusst, dass wir ihn im U-Ausschuss auch zu Rapid und zu Schön befragen wollen, deshalb habe er sich von seinen ehemaligen Mandanten nicht von seiner Schweigepflicht entbinden lassen und müsse sich daher jetzt leider, leider der Aussage entschlagen. Das ist sein gutes Recht, das haben wir im Ausschuss natürlich auch akzeptiert. Jetzt überlegen wir, ob wir Herrn Smolka erneut laden und uns darauf verlassen, dass er sich bis dahin wirklich um eine Entbindung von der Schweigepflicht bemüht, wie er mir gestern zugesagt hat – oder ob wir andere Rapidler vor den Ausschuss holen.

DASS Geld zu Rapid geflossen ist, hat uns die zweite Auskunftsperson, Klaus-Dieter Bergner, dann bestätigt. Bergner wollte darin aber nichts Verwerfliches oder Sittenwidriges sehen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jedenfalls in der Causa.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt aber auch gegen Bergner selbst. Und zwar unter anderem wegen Geldwäsche, Untreue und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Er ist also eine absolute Schlüsselfigur in der Causa Eurofighter. Bergner hatte von Anfang an seine Finger im Spiel: Erst als ranghoher EADS-Manager und später – und allein das ist ja schon absurd – als Geschäftsführer der EBD, die die Gegengeschäfte oder sogenannten Gegengeschäfte zwischen Österreich und EADS abwickelte. Als solcher wollte er noch im ersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss um jeden Preis verschleiern, wer denn die Eigentümer der EBD waren. Heute wissen wir: Es waren die Lobbyisten Alfred Plattner und Walter Schön, die die mutmaßliche Schmiergelddrehscheibe Vector Aerospace kontrolliert haben. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass „EADS versucht hat, über dieses Briefkastennetzwerk Schmiergeldzahlungen zu leisten. Plattner, Schön und eben Bergner dürften, so der Verdacht, “zumindest dazu beigetragen haben, dass diese Schmiergeldzahlungen tatsächlich ihre jeweiligen Empfänger erreicht haben”.

Wir haben in der Vorbereitung auf den gestrigen Tag zahlreiche Dokumente gefunden, die diesen Verdacht in meinen Augen zumindest nicht entkräften, und zu denen wir von Herrn Bergner Antworten wollten. Da wären zum Beispiel E-Mails und Gesprächsnotizen, die nahelegen, dass es im Vorfeld der Typenentscheidung eine äußerst rege Reise- und Besuchstätigkeit zwischen EADS und Herrn Bergner einerseits und der FPÖ andererseits gegeben hat. Da gab es beispielsweise Treffen zwischen Herrn Bergner und Haider, Grasser und Sichrovsky in Brüssel oder Paris, kurz darauf ist eine EADS-Delegation bei denselben Herren in Kärnten vorstellig geworden – und diese ganzen “Bemühungen” von EADS mündeten dann darin, dass Bergner und sein EADS-Kollege Aldag am 1. Juli 2002 schriftlich ihre Bereitschaft bekunden, in Haiders Prestigeprojekt “Lakeside-Park” zu investieren, “vorausgesetzt der Vertrag zur Beschaffung von Eurofighter-Abfangjägern” durch Österreich komme zustande. Am 1. Juli schreibt bzw. unterschreibt Bergner das – und tags darauf, beim berühmten Kanzlerfrühstück am 2. Juli 2002, ist Finanzminister Grasser, der damals noch in der FPÖ ist und ganz dick mit Haider, plötzlich überraschenderweise FÜR die Eurofighter.

Bergner behauptete gestern allerdings im U-Ausschuss unter Wahrheitspflicht, er habe Grasser nie getroffen, Treffen mit Haider gab er zu, aber die hätten “seiner Erinnerung nach” auch nur in Österreich stattgefunden. Warum sein EADS-Kollege Aldag dann in der Befragung durch Clifford Chance behauptet hat, er, Bergner, sei bei dem Brüssel-Wochenende mit Sichrovksy, Haider und Grasser dabei gewesen, konnte er nicht erklären.

Fakt ist: Haider hat ganz offen Geld für Lakeside gefordert, EADS hat vier, wenn nicht sogar fünf Millionen Euro dafür locker gemacht – und Haider und Grasser sind plötzlich von entschiedenen Eurofighter-Gegnern zu Eurofighter-Befürwortern mutiert.

Vielleicht auch, weil das damals FPÖ-nahe Ehepaar Rumpold für Werbung und PR 6,6 Millionen Euro von EADS bekommen hat – aber auch das fand Herr Bergner gestern “nicht außergewöhnlich” und “absolut vertretbar“.

Wir NEOS sehen das etwas anders und werden deshalb auch weiterhin dran bleiben, uns durch die Aktenberge wühlen und unangenehme Fragen stellen. Und die Staatsanwälte sicher auch.