Standortentwicklungsgesetz

Standortentwicklungsgesetz: Das Glas ist halbvoll

Mit ihrem ursprünglichen Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes legte die Bundesregierung im Sommer erneut einen verfassungsrechtlich problematischen Vorschlag vor – wieder einmal auf Kosten der Umwelt. In der Debatte hat sich seither aber noch einiges getan, auch dank unserer Kritik. Mittlerweile sind wir bei einem halbvollen Glas angelangt. Aber ich sage: Da geht noch mehr.

Im Juli schickten ÖVP und FPÖ still und heimlich einen Gesetzesentwurf für ein Standortentwicklungsgesetz in Begutachtung. Darin sollte festgeschrieben werden, dass die Bundesregierung künftig bestätigen können soll, dass einzelne Vorhaben, die dem Wirtschaftsstandort Österreich in „außerordentlichem Maße dienen“, besonderes öffentliches Interesse genießen. Das Ziel? Verfahrensbeschleunigende Maßnahmen für geplante Vorhaben mit maßgeblichem Investitionsvolumen und überregionaler, strategischer Bedeutung, die viele Arbeitsplätze sichern oder schaffen.
Der Knackpunkt an dem Ganzen: Wäre das Projekt nicht nach einem Jahr ab Kundmachung des Vorhabens in einer Umweltverträglichkeitsprüfung zurück- oder abgewiesen worden, hätte es automatisch eine Genehmigung erhalten – sicherlich oft zum Nachteil für die Umwelt und die Anrainer_innen der Bauprojekte.

ÖVP und FPÖ rudern zurück

Dieser Genehmigungsautomatismus war für uns NEOS völlig indiskutabel und ein weiterer Grund, warum wir der Verankerung des „Staatsziels wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort“ in der Verfassung nicht zustimmten. Unserer Ansicht nach war dieser Gesetzesentwurf der Regierung weder verfassungs-, noch europarechtskonform. Die Höchstgerichte hätten also sowohl die Genehmigung des Projekts, als auch die gesamte neue Gesetzeslage wieder kippen können. Das hätte Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten geschaffen, zum Nachteil für den Wirtschaftsstandort. Und für die Umwelt sowieso.
FPÖ und ÖVP haben das offenbar schlussendlich eingesehen. Denn im aktuellen Gesetz, dem wir NEOS im Dezemberplenum auch zugestimmt haben, ist nun vorgesehen, dass ein Beirat bestehend aus sechs Mitgliedern, die von den Regierungsparteien vorgeschlagen werden, Projekte als „standortrelevant“ bzw. „im öffentlichen Interesse“ einstuft. Danach folgt ein Fast-Track Verfahren, in dem die Genehmigung nach 18 Monaten erteilt werden soll – wenn das Projekt zuvor als bewilligbar eingestuft wurde. Ob die Maßnahmen der Bundesregierung ohne Begleitmaßnahmen tatsächlich zu einer echten Verfahrensverkürzung führen werden, ist allerdings fraglich. Denn wie sollen solche Verfahren schneller abgewickelt werden, wenn die Ressourcen nicht mehr werden?

Für NEOS gehen Umwelt und Wirtschaft Hand in Hand

Wir NEOS sind der Meinung, dass in Sachen Umwelt und Wirtschaft die Betonung immer auf dem „und“ liegen muss. Schnellere Genehmigungsverfahren sind natürlich wünschenswert, aber nicht zu jedem Preis. In einem Antrag habe ich daher im Dezember mehr Ressourcen für UVP-Behörden, mehr Mittel für professionelle Verfahrensbegleitung, mehr Ressourcen für das Bundesverwaltungsgericht und eine jährliche Berichtspflicht über die Entwicklung der Dauer der UVP-Verfahren an den Umweltausschuss gefordert. Nur so können Umweltverträglichkeitsprüfungen tatsächlich effizienter durchgeführt werden.
Leider wurde dieser Antrag abgelehnt. Aber ich bleibe hartnäckig und bringe ihn im Jänner erneut ein, damit wir ihn im Umweltausschuss diskutieren und eine Einigung mit den anderen Fraktionen finden können.