Warum echte Aufklärung mit den Großparteien schwierig ist
Das, was gestern im Eurofighter-Untersuchungsausschuss passiert ist, lässt mich auch heute noch ziemlich ratlos zurück: Die Mehrheit aus ÖVP, FPÖ und SPÖ hat am Abend unseren Antrag auf neuerliche Ladung von Ministerialrat Edwin Wall abgelehnt.
Warum wir Herrn Wall nach seinen Auftritten im ersten und im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss gerne noch einmal gehört hätten, ist leicht erklärt: Generalmajor Hans Hamberger, der nicht nur die Revision im Verteidigungsministerium, sondern auch die Task Force Eurofighter leitet, hat gestern am Ende seiner Befragung schwere neue Vorwürfe gegen Wall erhoben. Demnach habe sich Wall, der damals im Verteidigungsministerium für die Vertragsverhandlungen und die Vertragsunterzeichnung zuständig war, zwei Tage vor der Vertragsunterzeichnung am 30. Juni 2003 mit einem EADS-Manager getroffen. Das würde eine Notiz von Airbus-Anwälten, die erst jetzt gefunden wurde, belegen, sagte Hamberger aus. Am Tag vor der Vertragsunterzeichnung habe Wall dann den von der Revision des Verteidigungsministeriums bereits abgesegneten und versiegelten Vertrag geöffnet, um ihn “auf die Unterzeichnung vorzubereiten”. Das Ergebnis dieser „Vorbereitung“ war, dass im Vertrag dann plötzlich (wieder) die sogenannte Ersetzungsbefugnis stand.
Was heißt das? Der ursprüngliche Vertrag räumte EADS/Eurofighter die Möglichkeit ein, Österreich Flugzeuge der schlechteren Tranche 1 anbieten zu können, wenn das Unternehmen die vereinbarte Tranche 2 nicht rechtzeitig liefern kann. Die Republik hätte dieses “Angebot” aber ablehnen können. Nach dem angeblichen Treffen von Herrn Wall mit dem EADS-Vertreter wurde diese Passage im Vertrag laut Generalmajor Hamberger geändert, das Wort “anbieten” wurde gestrichen und durch “liefern” ersetzt.
Wenn das stimmt, hat der Chefverhandler der Republik Österreich einen Tag vor Vertragsunterzeichung dafür gesorgt, dass EADS ein massiver Vorteil zuteil wird! Denn durch die Ersetzungsbefugnis hat Österreich EADS hochoffiziell gestattet, auch veraltete Flieger liefern zu dürfen, ohne irgendwelche Konsequenzen. Der Wert des Vertrages hat sich also über das Wochenende extrem verschlechtert, während der Kaufpreis völlig gleichgeblieben ist.
Herr Wall streitet dieses Treffen und die Last-minute-Vertragsänderung ab. Genauso wie er schon im ersten Eurofighter-U-Ausschuss vehement bestritten hat, dass er rund um die Abfangjäger-Beschaffung „beträchtliche Vermögenszuwächse“ gehabt habe, wie böse Zungen damals behaupteten. Beweise dafür gab es nicht.
Zurück zu gestern. Um die brisanten neuen Vorwürfe zu klären, haben wir NEOS am Ende der Sitzung die erneute Ladung von Ministerialrat Edwin Wall beantragt. Abgesehen von Daniela Holzinger-Vogtenhuber von der Liste Jetzt hat aber niemand dem Antrag zugestimmt.
Begründung der Regierungsparteien und der SPÖ: Edwin Wall habe ja bereits mehrmals vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt, was solle bei einer neuerlichen Befragung schon rauskommen. Ich sage: Das ist eine mehr als fadenscheinige Ausrede! Wir reden schließlich von völlig neuen Vorwürfen und damit von völlig neuen Entwicklungen, auf die man unserer Meinung nach einfach reagieren MUSS!
Aber offenbar haben ÖVP, FPÖ und SPÖ einfach kein Interesse an echter Aufklärung. Das hat sich auch bereits bei den extrem zähen Verhandlungen zur neuen Ladungsliste gezeigt. Dabei ist es den drei Großparteien auch in erster Linie darum gegangen, ihre parteipolitischen Spielchen zu spielen: Wenn ein blauer Ex-Minister kommen muss, dann bestehen wir aber auch auf einen roten. Wenn ein schwarzer Lobbyist geladen wird, dann müsst ihr aber auf den blauen verzichten. Und so weiter und so fort. Im Endeffekt haben wir zwar einen herzeigbaren Kompromiss gefunden und wir NEOS konnten uns auch mit nahezu all unseren Ladungswünschen durchsetzen (an oberster Stelle: Mensdorff-Pouilly! – Warum, siehe hier).
Den gemeinsamen Weg, den alle Fraktionen in den ersten Monaten des aktuellen Untersuchungsausschusses gegangen sind, haben die Großparteien aber endgültig verlassen.